Wurde die Bibel früher auch so verstanden wie jetzt?
Nein. Jede Zeit hatte ihre eigene Art die Bibel zu lesen. Die Kirchenväter sahen in allen alttestamentlichen Texten Christus als Hauptthema, sie lasen "christologisch". Wichtiger als die Frage, was die Autoren sagen wollten, war die Frage, was Christus uns heute durch den Text sagen will.
Heute stehen oft Fragen nach der geschichtlichen Wahrheit im Vordergrund. Deshalb wird der Text historisch-kritisch gelesen und die Archäologie und Altorientalistik wurden wichtige Partner der Bibelwissenschaft.
In jüngster Zeit interessieren sich viele Bibelwissenschaftler/innen für die literarischen Feinheiten der Texte und untersuchen die literarischen Zusammenhänge der biblischen Bücher untereinander.
Wie unterschiedlich Bibel im Laufe der Jahrhunderte ausgelegt wurde, ist Thema der Rezeptionsgeschichte. Sie zeigt, wie wenig selbstverständlich unser heutiges Leseverständnis ist und auch wie zeitbedingt. Lange Zeit standen rezeptionsgeschichtliche Untersuchungen im Schatten der entstehungsgeschichtlich ausgerichteten Bibelwissenschaft. Heute wird gesehen, wie wichtig es ist, Ursachen, Inhalte und Auswirkungen von Bibelauslegungen verschiedener Zeiten möglichst gut zu verstehen, schon um Auslegungen zu verhindern, die Gewalt oder Unterdrückung begünstigen.
→ Mit der Auslegung der Kirchenväter hat sich besonders das Institut für Altes Testament in Wien befasst, die Auslegung in der Neuzeit, vor allem auch in Literatur und Musik ist ein Schwerpunkt der Privatuniversität Linz.